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Migration von und über Nordafrika nach Europa Fachtagung „Flucht, Migration, Entwicklung - Facetten der Migration zwischen Nordafrika und Europa“ 14 km - The Shortest Distance between North Africa and Europe e. V. Berlin, 11. -12. Juni 2014 Dr. Steffen Angenendt Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin SWP
Globale Migration, 2010 UN Department of Economic and Social Affairs; Population Division SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 2
Wandel des globalen Wanderungsgeschehens § Immer wichtiger: temporäre und zirkuläre Migration; § Anstieg der Süd-Wanderungen; § Diversifizierung der Wanderungen, nach Formen, Regionen, Struktur; § Gemischte Wanderungen (Migration und Flucht); § Zunahme von Binnenmigration; § Heterogene Trends in nationaler Migrationspolitik: Öffnung vs. Schließung; § Anhaltende Schwäche von internationalen Regelungen und Global Governance. SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 3
Ein- und Auswanderung, EU-27, 2009 -2012 Einwanderung Auswanderung Saldo Nicht EU EU 27 Nicht EU- EU 27 Nicht -27 27 EU-27 Gesamt EU 27 2009 1, 36 1, 73 0, 58 1, 15 0, 78 0, 58 1, 36 2010 1, 46 1, 81 0, 71 1, 17 0, 75 0, 64 1, 39 2011 1, 40 1, 75 0, 73 1, 25 0, 67 0, 50 1, 17 2012 1, 17 1, 69 0, 65 1, 30 0, 52 0, 39 0, 91 Quelle: Eurostat 2014; ohne Asylbewerber, Aufenthalt > 12 Monate SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 4
Ausländische Wohnbevölkerung, EU-27, 2013 § 20, 4 Mio. Nicht-EU-Ausländer (4% der Bevölkerung, aber 6% der § § Arbeitsbevölkerung ) 33, 5 Mio. im Ausland Geborene (7% der Bevölkerung) Im Vergleich: Israel 31%, Schweiz 28%, Australien 27%, NZ 23%, Kanada 21% Ausgeglichene Geschlechterverteilung Wichtigste Herkunftsländer für Nicht-EU-Ausländer: Türkei 2 Mio. , Marokko 1, 4 Mio. , China 0, 7 Mio. , Indien, Ukraine und Russland 0, 6 Mio. Quelle: Eurostat 2014; ohne Asylbewerber, Aufenthalt > 12 Monate SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 5
Visaerteilung EU-27 an Ausländer, 2008 -2013 2008 2009 2010 2011 2, 53 Mio. 2, 34 Mio. 2, 48 Mio. 2, 07 Mio. 2012 2, 11 Mio. davon: • 32% Familiennachzug • 23% Arbeit • 22% Bildung • 23% andere Quelle: Eurostat 2014; ohne Asylbewerber, Aufenthalt > 12 Monate SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 6
Asylbewerber, EU-28 (27), 2008 -2013 § 2013: 435. 000 Asylbewerber (+100. 000 zu 2012), davon 90% neu § Hauptherkunftsländer: Syrien (50. 000), Russland 41. 000), Afghanistan (28. 000), Serbien (22. 000), Pakistan (21. 000) § Hauptaufnahmeländer: Deutschland (29%), Frankreich (15%), Schweden (13%), GB (7%), Italien (6%) § Pro-Kopf: Schweden (5. 700 pro Mio. Einwohner), Malta (5. 300), Österreich (2. 100) Lux (2000); EU-28 insg. 870) Daten: Eurostat
Hauptherkunftsländer von Asylbewerbern in der EU, 2013 und 2008 Quelle: Eurostat, März 2014 SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 8
Erstinstanzliche Asylentscheidungen, EU-28, 2013 Quelle: Eurostat, März 2014 SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 9
Veränderte Muster irregulärer Zuwanderung in die EU, 2012 und 2013 Quelle: FRONTEX 2014 SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 10
Fünfjahrestrend: gleichbleibende irreguläre Zuwanderungen, steigende Asylanträge Quelle: FRONTEX 2014 SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 11
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Das gemeinsame europäische Asylsystem (GEAS) Rahmen § Schengener Vertrag 1985/1990 § Dubliner Abkommen 1990 § Maastrichter Vertrag 1992 § Amsterdamer Vertrag 1997 § Tampere 1999 § Europäischer Pakt für Einwanderung und Asyl 2008 Gemeinsame Rechtssetzung (Überarbeitung 2013) § Eurodac 2000 § Aufnahmerichtline 2003 § Qualifizierungsrichtlinie 2004 § Verfahrensrichtlinie 2005 § Dublin 2003 SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 13
Zentrale Herausforderungen des GEAS § Gleiche Behandlung (Schutz und Verfahren) § Garantierte Mindeststandards für Aufnahme und Versorgung § Umgang mit Widersprüchen (z. B. keine einheitliche Liste von sicheren Drittstaaten) § Dublinverfahren führt zu unfairer Verteilung § Stattdessen: Solidaritätsprinzip Vorschlag: Faire Aufnahmequoten bestimmen SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 14
Multifaktorenmodell zur Bestimmung fairer Aufnahmequoten Wirtschaftliche Leistung 40% Größe/ Territorium 10% Bevölkerung 40% Arbeitslosigkeit 10% Quelle: SWP/SVR SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 15
Asylanträge in ausgewählten EU-Staaten, 2009 -2013, in Tausend Asylanträge 184 SE 136 UK BE 96 289 DE 258 FR 107 IT 16 Datenquellen: Eurostat, UNHCR 7 53 GR SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 16
Asylanträge in Bezug zum Multifaktorenmodell, ausgewählte EU-Staaten, 2009 -2013, in Tausend Asylanträge 49 Aufnahme nach Modell 136 UK 184 SE 178 38 BE 96 127 258 FR 245 289 DE 163 202 107 IT 16 Datenquellen: Eurostat, UNHCR 45 53 GR 30 7 SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 17
Multifaktorenmodell: Politische Optionen Diskussion des Modells auf EUund nationaler Ebene Konsens über Faktoren und deren Gewichtung finden Ausgangspunkt für faire Verteilung Grundlage für finanziellen Ausgleich SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 18
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Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) Die GFK enthält eine präzise Definition, was unter einem politischen Flüchtling zu verstehen ist. Sie verpflichtet die Unterzeichnerstaaten nicht zur Aufnahme eines Flüchtlings, verbietet aber, Flüchtlinge in Gebiete zurückzuweisen oder abzuschieben, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sind (Non-Refoulement-Gebot). Zuständig für Umsetzung und Weiterentwicklung des internationalen Flüchtlingsregimes ist der UNFlüchtlingskommissar (UNHCR). SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 21
Internationale Regime für Migranten § Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist u. a. zuständig für internationale Mindeststandards zum Schutz von Arbeitsmigranten § Die International Organization for Migration (IOM) ist vornehmlich Dienstleister für Regierungen, u. a. bei Rückführungen und Wiedereingliederung zurückkehrender Migranten SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 22
Irreguläre Zuwanderer § haben entweder ohne Zustimmung das Aufnahmeland betreten, § einen temporären Aufenthalt ohne Genehmigung verlängert, oder § arbeitsrechtliche Bestimmungen verletzt; § besitzen in der Regel keine politischen und nur geringe soziale Rechte und sind häufig der Willkür von Arbeitgebern und Behörden ausgeliefert, § werden allerdings in vielen Ländern toleriert. SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 23
Migranten und Flüchtlinge Die Unterscheidung wird immer schwieriger: § Migranten verlassen nicht immer freiwillig ihre Heimat, sondern sind oft aus wirtschaftlicher Not dazu gezwungen. § Flüchtlinge sind häufig nicht politisch verfolgt, sondern fliehen vor allgemeiner Gewalt oder Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlagen. Immer weniger Flüchtlinge fallen unter den Schutz der Genfer Konvention; es entsteht eine Schutzlücke. Beide Gruppen nehmen ähnliche Netzwerke sowie Fluchthelfer und Schlepper in Anspruch, um Einwanderungsbegrenzungen zu umgehen. SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 24
GAMM Global Approach on Migration and Mobility Ziele: § migrantenzentriert: Menschenrechte, Integration; § globaler Ansatz: alle Interessierten, regional differenziert; § in regionalen Prozessen entwickelt, mit bilateralen Partnern; § flexibler und angepasster Werkzeugkasten. Instrumente: § Mobilitätspartnerschaften; § Gemeinsame Agenden für Migration und Mobilität; § Wissens-, Dialog- und Kooperationsinstrumente. I. Legale Migration und Mobilität II. Irreguläre Migration und Menschenhandel III. Intern. Schutz; externe Dimension der Asylpolitik IV. Entwicklungswirkungen von Migration und Mobilität Steffen Angenendt SWP Migration EU 11. 7. 2014, 25
EU-Mobilitätspartnerschaften § Eingeführt 2006 als „the most innovative and sophisticated tool to § § date of the Global Approach to migration“ (COM 2009); Ziel: bessere Steuerung von Migration durch Einbeziehung von Entwicklungsaspekten; „Drittstaaten, die bei Grenzsicherung und der Reduzierung von irregulärer Migration mitwirken, können bei der Steuerung von Wanderungsbewegungen und legaler Migration unterstützt werden“; werden individuell für jedes Partnerland geschlossen, Organisation liegt bei KOM, ein MS übernimmt Leitung; derzeit siebenbestehende MPs: CPV und MDA (2008), GEO (2009), ARM (2011), MAR (2013), AZE und TUN (2014). SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 26
Fazit: Bewertung der bisherigen EU-Politik § § Generell: aus migrationspolitischer Sicht braucht Europa einen einheitlichen Wirtschafts- und Sozialraum, die Vorteile von Freizügigkeit lassen sich nur dann vollständig nutzen; EU-Kommission ist Motor für gemeinschaftliche Migrationspolitik, aber: Mitgliedstaaten beteiligen sich nur, wenn es ihren Interessen entspricht; in Kernbereichen zunehmend Widerstand gegen Vergemeinschaftung; Zur Überwindung der Blockaden sind neue und flexible Formen der Zusammenarbeit notwendig, insbesondere bei Arbeitsmigration; Beispiel: Mobilitätspartnerschaften; Gesamtansatz Migration und Mobilität ist richtiger Weg. SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 27
Perspektiven einer kohärenten Migrationspolitik I Grundsätzlich: Europäische Lösungen suchen; längerfristig und strategisch denken, auch in Hinblick auf Herkunftsländer; fairen Interessensausgleich und partnerschaftliche Zusammenarbeit schaffen; Migranten- und Flüchtlingsrechte schützen. Sieben Schwerpunkte: 1. Bedarf an ausländischen Arbeitskräften nachweisen 2. Abgestimmte Regelungen für hoch Qualifizierte, Fachkräfte und gering Qualifizierte entwickeln, temporäre und zirkuläre Migration fördern, Übergänge zu längerfristigem Aufenthalt schaffen, dabei – einen „roten Teppich“ für hoch Qualifizierte ausrollen – ein nachfrageorientiertes Verfahren für Qualifizierte entwickeln – Transparente Regelungen für gering Qualifizierte finden SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 28
Perspektiven einer kohärenten Migrationspolitik II 3. strategisch über künftige Herkunftsgebiete nachdenken; 4. entwicklungspolitische Folgen von Migration beachten und gestalten; 5. tatsächlichen Flüchtlingsschutz sichern; 6. gemeinsamen Rahmen für effiziente Integrationspolitik schaffen, dabei auch Integrationskonzepte für temporäre Zuwanderer entwickeln 7. pragmatisch und realistisch bei der Steuerung von Zuwanderung und der Reduzierung von irregulärer Zuwanderung sein. SWP Steffen Angenendt Migration EU 11. 7. 2014, 29
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