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Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit Modul 2: Das Christentum in seiner Geschichte Theologie oder die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben Universität Duisburg-Essen, Winter-Semester 2006/07
Übersicht 1. sola gratia, sola scriptura, sola fide 2. Heilige Schrift und Naturwissenschaft 3. das Problem der Theodizee 4. die Krise der Gottesbeweise KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 2
1. 1 Glossar: sola fide, sola scriptura, sola gratia • sola fide – Formel für Rechtfertigung allein aus Glauben • 1) im Gegensatz zu einem sakramentalen Objektivismus, unabhängig von der Disposition des Empfängers; 2) wie 'sola gratia', Abweisung des Vertrauens auf gute Werke im Sinne des (mosaischen) Gesetzes, nach Röm. 3, 21 -24 • sola scriptura – wichtigstes theologisches Legitimationsprinzip der Protestanten • in der kirchlichen Praxis und Theologie soll nur gelten, was sich biblisch begründen lässt, entgegen dem römischen Legitimationsprinzip Schrift und Tradition; dogmatische Eindeutigkeitsformel: «Testimonium spiritus sancti internum» ¹ • sola gratia – Kurzformel für das protestantische Heilsverständnis • 'allein aus Gnade'; polemisch gegen eine Frömmigkeitspraxis gerichtet, die gute Werke (Werke der Nächstenliebe, Almosen etc. ) als Voraussetzung ansieht, im Jüngsten Gericht bestehen zu können KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 3
1. 2 sola fide – Erläuterungen zu den Ablassthesen, 1518 • Hier¹ soll man nicht denken: ‘Was, wenn der Priester irrt? ‘ Denn nicht im Priester, sondern im Wort Christi gründet die Vergebung. Selbst wenn der Priester dies tut² aus Gewinnoder Ehrsucht, so verlange Du nur ohne Verstellung nach der Vergebung und glaube an Christo und seinen Verheißungen. • Ja selbst wenn der Priester leichtfertig die Absolution erteilt, so erlangst Du dennoch Frieden aus Deinem Glauben heraus (ex fide tua). So er die Taufe oder die Eucharistie spendet und dabei Gewinn sucht oder leichtfertig und wie im Scherz handelt, Dein Glaube empfängt [gleichwohl] die Fülle [des Sakraments]. Eine so große Sache ist es mit dem Wort Christi und dem Glauben daran. . • Daher werden wir durch Glauben gerecht, durch Glauben erhalten wir Frieden [in unserem Gewissen], nicht durch Werke und Buße Tun oder Beichten. Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute. 1518. Conclusio VII. WA 1, 543 f³ KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 4
1. 3 sola scriptura – Luther in Worms, 1521 • „. . . wenn ich nicht durch das Zeugnis der Heiligen Schrift oder vernünftige Gründe [nisi convictus testimoniis scripturarum aut ratione evidente] überwunden werde - denn weder dem Papst, noch den Konzilien allein vermag ich zu glauben, da es feststeht, dass sie wiederholt geirrt und sich selbst widersprochen haben -, so halte ich mich überwunden durch die Schrift, auf die ich mich gestützt habe, so ist mein Gewissen im Gotteswort gefangen, und darum kann und will ich nichts widerrufen, . . . “ Martin Luther, Rede vor dem Kaiser in Worms (1521) , RTA. JR 2. 555 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 5
1. 4 sola gratia – Luthers autobiographischer Rückblick, 1545 • «Die Gerechtigkeit Gottes wird in ihm [Evangelium] offenbart» . ¹ Ich hatte nämlich dieses Wort «Gerechtigkeit Gottes» so hassen gelernt, das ich. . . als die so genannte formale oder aktive Gerechtigkeit zu verstehen gelernt hatte, mit der Gott gerecht ist, nach der er Sünder und Ungerechte straft. . . Endlich. . . habe ich angefangen, die Gerechtigkeit Gottes so zu begreifen, dass der Gerechte durch sie als durch Gottes Geschenk lebt, nämlich aus Glauben; ich begriff, dass dies der Sinn ist: offenbart wird durch das Evangelium die Gerechtigkeit Gottes, nämlich die passive², durch die Gott, der Barmherzige, durch den Glauben rechtfertigt, wie geschrieben steht: «Der Gerechte lebt aus Glauben» ³. Martin Luther, Lateinische Schriften Vorrede (1545) , WA 54. 185 f KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 6
1. 5 Confessio Augustana, 1530 – Art. IV: Rechtfertigung • Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unser Verdienst, Werk und Genugtuung erlangen können, sondern dass wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, nämlich wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. • Denn diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen, wie der Heilige Paulus zu den Römern im 3. und 4. Kapitel sagt. Artikel 4: Von der Rechtfertigung KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 7
1. 6 der paulinische Hintergrund (1): Rechtfertigung allein aus Glauben • Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied: sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Römerbrief 3, 21 -24 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 8
1. 7 der Paulinische Hintergrund (2): Abraham, Vater im Glauben • Denn was sagt die Schrift? «Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden. » (1. Mose 15, 6)¹. Dem aber, der mit Werken umgeht, wird der Lohn nicht aus Gnade zugerechnet, sondern aus Pflicht. Dem aber, der nicht mit Werken umgeht, glaubt aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit Römer 4, 3 -5 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 9
Übersicht 1. sola gratia, sola scriptura, sola fide 2. Heilige Schrift und Naturwissenschaft 3. das Problem der Theodizee 4. die Krise der Gottesbeweise KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 10
2. 1 die Verbalinspiration Das innere Zeugnis des hlg. Geistes (testimonium internum spiritus sancti), das menschliche Herz hinsichtlich der Theopneustie der heiligen Schrift gewiss macht und versiegelt, ist der vornehmste und letzte Grund, den göttlichen Ursprung der heiligen Schrift zu erkennen und mit dem göttlichen Grund zu glauben. ¹ Die weniger entscheidende wirkende Ursache der heiligen Schrift sind die heiligen Männer, welche durch Eingeben des heiligen Geistes die Hand ans Schreibrohr (calamo) gelegt und an verschiedenen Orten und Zeitpunkten die Schrift zubereitet haben. . . ² Caravaggio, Inspiration des Matthäus, 1602 11 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie
2. 2 das testimonium spiritus sancti internum Unter dem inneren Zeugnis des heiligen Geistes wird hier verstanden ein übernatürlicher Akt des hlg. Geistes, der. . an das menschl. Herz pocht. . und in den Gehorsam des Glaubens beugt. . . ¹ KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 12
2. 3 Heilige Schrift und Naturwissenschaft Was passiert, wenn die Aussagen der vom Heiligen Geist Gottes inspirierte Schrift mit den gewissesten Erfahrungen in der Natur in Konflikt gerät? 5 Antworten: • Galileo Galilei, – Brief an Christiane v. Lothringen, 1615 • Baruch Spinoza, – Tractatus theologico-politicus, 1670 • John Toland – Christianity not mysterious, 1695 • John Locke – The Reasonableness of Christianity, 1695 • Gotthold Ephraim Lessing, – Gegen-Sätze des Herausgebers, 1777 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 13
2. 3. 0 der biblische Konflikt: Josua 10, 12 -15 – „Sonne stehe still“ • Damals redete Josua mit dem HERRN an dem Tage, da der HERR die Amoriter vor den Israeliten dahingab, und er sprach in Gegenwart Israels: • Sonne, steh still zu Gibeon, und Mond, im Tal Ajalon! • Da stand die Sonne still, und der Mond blieb stehen, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte. Ist dies nicht geschrieben im Buch des Redlichen? • So blieb die Sonne stehen mitten am Himmel und beeilte sich nicht unterzugehen fast einen ganzen Tag. Und es war kein Tag diesem gleich, weder vorher noch danach, daß der HERR so auf die Stimme eines Menschen hörte; denn der HERR stritt für Israel. Josua aber kehrte ins Lager nach Gilgal zurück und ganz Israel mit ihm. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 14
2. 3. 1 Galileo Galilei • In gleicher Weise wie solche Aussagen [Anthropomorphismen bei der Rede von Gott] von den heiligen Schreibern, vom heiligen Geist inspiriert, in jener Form vorgebracht werden, um sich dem Vorstellungsvermögen eines noch ganz rohen und wenig disziplinierten Volkes anzupassen, so ist für solche, die dem einfachen Volk entwachsen sind, notwendig, dass kluge Ausleger die wahren Bedeutungen herausarbeiten und erläutern, weshalb eine solche wenig adäquate Form gewählt wurde. • Aber dass der gleiche Gott, der uns mit Sinne, Sprache u. Verstand ausgestattet hat, gewollt haben sollte, deren Gebrauch hintanzustellen, um uns auf andere Weise als mit natürlichen Mitteln die Kenntnisse [der Naturvorgänge] zu vermitteln, . . . glaube ich nicht. Brief an Christiane v. Lothringen (1615) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 15
2. 3. 2 Baruch de Spinoza • Gerade so [wie bei der Naturerklärung] muss auch aus der Geschichte der Schrift zuerst erforscht werden, was das Allgemeinste, was Basis und Grundlage der ganzen Schrift ist. . Dazu gehört beispielsweise, dass es einen allmächtigen Gott gibt, der allein anzubeten ist, der für alle sorgt und diejenigen vor allen liebt, die ihn anbeten und ihren Nächsten lieben wie sich selbst usw. Dies. . . lehrt die Schrift. . . so ausdrücklich, daß noch niemand in dieser Beziehung über ihren Sinn hat in Zweifel sein können. • Die übrigen Spekulationen. . . mögen sie die Erkenntnis Gottes oder natürlichen Dinge betreffen, berühren also die Schrift nicht Tractatus theologico-politicus (1670) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 16
2. 3. 3 John Toland – die Lösung des theologischen Rationalismus • . . . dass wir, falls eine Lehre im Neuen Testament gegen die Vernunft ist, keine Art der Vorstellung davon haben. [Eine widersprüchl. Aussage] ist genau dasselbe wie gar nichts zu sagen. . . Wenn wir keine Vorstellung von einem Ding haben, ist es nur verlorene Mühe für uns, uns damit zu beunruhigen. Denn was ich nicht verstehe, kann mir nicht mehr zur richtigen Anschauung über Gott verhelfen oder meine Handlungen mehr beeinflussen als ein Gebet in einer unbekannten Sprache meine Verehrung erregen kann Christianity not mysterious (1695) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 17
2. 3. 4 John Locke – Offenbarung als Propaedeuticum der Vernunft • . . , dass es für die Vernunft, wenn sie auf sich allein gestellt ist, eine zu schwierige Aufgabe ist, die Moral in allen ihren Teilen in klarer und überzeugender Weise auf ihrer richtigen Basis zu begründen. Wenigstens ist es für das Verständnis der großen Masse der Ungebildeten ein kürzerer und sicherer Weg, wenn ein offenkundig von Gott Gesandter mit sichtbarer Vollmacht von ihm Kommender als König und Gesetzgeber ihnen ihre Pflichten vorhält und Gehorsam fordert, . . . • Ein solches Gesetz der Moral¹ hat uns Jesus Christus im Neuen Testament gegeben, aber aufgrund jenes zweiten Verfahrens, der Offenbarung. Wir haben von ihm eine vollständige und ausreichende Anweisung für unser Verhalten, die mit derjenigen der Vernunft zudem in vollem Einklang steht The Reasonableness of Christianity (1695) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 18
2. 3. 5 Gotthold Ephraim Lessing – Geist versus Buchstabe • Kurz: der Buchstabe ist nicht der Geist; und die Bibel ist nicht die Religion. Folglich sind Einwürfe gegen den Buchstaben und gegen die Bibel nicht eben auch Einwürfe gegen den Geist und die Religion. • Denn die Bibel enthält offenbar mehr als zur Religion Gehöriges: und es ist bloße Hypothes, dass sie in diesem mehrern gleich unfehlbar sein müsse. Auch war die Religion ehe eine Bibel war. Das Christentum war, ehe Evangelisten. . geschrieben hatten. Es verlief eine geraume Zeit, ehe der erste von ihnen schrieb; und eine sehr beträchtliche, ehe der ganze Kanon zustande kam. Es mag also von diesen Schriften noch so viel abhängen: so kann doch unmöglich die ganze Wahrheit der Religion auf ihnen beruhen Gegen-Sätze des Herausgebers (1777) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 19
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3. 1 Theodizee - Glossar philos. Versuch, Allmacht und Güte Gottes in Übereinstimmung zu bringen • theós - Θεός während die dualistischen Religionen (Gnosis, Manichäismus, Parsismus u. a. ) das Gute und das Böse auf zwei miteinander kämpfende Prinzipien (Gottheiten) übertragen, müssen die monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) eine integrative Lösung finden: z. B. das Böse als Mangel an Gutem (Augustin, Leibniz) • díke – δίκη • Gott • Gerechtigkeit KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 21
3. 2 Luther: deus absconditus - der verborgene Gott • Damit aber dem Glauben Raum gegeben wird, ist es notwendig, dass alles, was geglaubt wird, verborgen ist. Es kann aber nicht tiefer verborgen sein, als unter dem Gegensatz zum gegenständlichen Objekt, zur Empfindung, zur Erfahrung. Wenn Gott lebendig macht, tut er es also, indem er tötet; wenn er rechtfertigt, tut er das, indem er schuldig macht; wenn er in den Himmel führt, tut er es, indem er in die Hölle führt. . . So verbirgt Gott seine ewige Güte und Barmherzigkeit unter ewigem Zorn, . . . Martin Luther, De servo arbitrio (1525) , WA 18. 632 f KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 22
3. 3 Luther: Glauben entgegen der vernünftigen Einsicht • Das ist der höchste Grad des Glaubens, zu glauben, jener [Gott] sei gütig, der so wenige rettet und so viele verdammt; . . . Wenn ich also auf irgendeine Weise [ulla ratione] begreifen könnte, wie denn dieser Gott barmherzig und gerecht ist, der solchen Zorn und solche Ungerechtigkeit zeigt, wäre der Glaube nicht nötig. Da es nun nicht begriffen werden kann, wird Raum gegeben der Einübung des Glaubens, . . . und zwar nur so, dass, indem Gott tötet, der Glaube an das Leben im Tod eingeübt wird. Martin Luther, De servo arbitrio (1525) , WA 18. 633 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 23
3. 4 Leibniz – Theodizee, die eine Wahrheit Essais de Théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l'homme et l'origine du mal, 1710 das Böse ist von Gott im Rahmen seiner Schöpfung als Mittel zur Prüfung und Bewährung zugelassen, damit schließlich aus ihm Gutes entspringe • Ich beginne mit der Vorfrage von der Übereinstimmung des Glaubens mit der Vernunft. . Ich setze voraus, dass zwei Wahrheiten einander nicht widersprechen können, dass der Gegenstand des Glaubens die Wahrheit ist, welche Gott auf ungewöhnlichem Wege offenbart hat, und dass die Vernunft die Verknüpfung der Wahrheiten ist, besonders aber - im Gegensatz zum Glauben - der Wahrheiten, zu denen der menschliche Geist auf natürlichem Wege, ohne Beihilfe der Erleuchtung durch den Glauben, gelangen kann KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 24
3. 5 Christian Wolff – ein popularistischer Metaphysiker • Unter unzähligen Welten, die möglich sind, hat Gott nur eine erwählt. . Weil aber nichts ohne zureichenden Grund geschehen kann, so muss auch einer vorhanden sein, warum Gott eine Welt der anderen vorgezogen. Da nun die verschiedenen Welten. . nicht anders als durch die Grade der Vollkommenheit unterschieden sein können, so kann dieser Grund nichts anderes sein als ein größerer Grad der Vollkommenheit. . . Und demnach ist die größte Vollkommenheit der Welt der Beweggrund seines Willens Vernünftige Gedanken zu Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt (1718) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 25
3. 6 das Erdbeben von Lissabon, 1755 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 26
3. 7 Voltaire : Poème sur le désastre de Lisbonne ou examen de cet axiome : « Tout est bien » Leibniz lehrt mich nicht, durch welche unsichtbaren Bahnen, in der besten aller nur möglichen Welten, ein ewiges Chaos, ein Wirrwarr von Unglücksfällen unseren eitlen Vergnügungen wirkliche Schmerzen beimischt, Noch warum Unschuldige, wie Schuldige in gleicher Weise unvermeidliches Übel erleiden. Und Du¹ machst aus diesem fatalen Chaos Von einzelnen Übeln ein Glück aller! Was für ein Glück! Oh Sterblicher, Schwacher, Elender Ihr verkündet: „Alles ist gut“ mit kläglicher Stimme, Das Universum widerspricht und das eigene Herz Hundertfach widerlegt es den Irrtum Deiner Vernunft. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 27
3. 8 Candide ou l‘optimisme, die literarische Verarbeitung der Katastrophe • „cultiver son jardin“ – seinen Garten bestellen den Platz nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen, wohin man durch ein blindes Schicksal geworfen wurde Paris 1759 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 28
Übersicht 1. sola gratia, sola scriptura, sola fide 2. Heilige Schrift und Naturwissenschaft 3. das Problem der Theodizee 4. die Krise der Gottesbeweise KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 29
4. 1 Gottesbeweise - Glossar • Gottesbeweis – Beweis des Dasein Gottes ohne Rückgriff auf die Offenbarung die drei bekanntesten Beweisarten: 1) Der kosmologischen Gottesbeweis (Aristoteles, Thomas von Aquin), der sich auf das Kausalprinzip stützt und aus der Bewegtheit alles endlichen Seienden auf einen unbewegten Beweger, aus der Kette von Ursachen und Wirkungen auf eine erste Wirkursache schließt. 2) Der ontologischen Gottesbeweis, der den Begriff » Gott «, wie er im menschlichen Bewusstsein vorfindbar ist, analysiert: Gott sei das, worüber hinaus nichts Vollkommeneres gedacht werden könne; da in Wirklichkeit zu existieren vollkommener sei als nur in Gedanken zu existieren, müsse Gott wirklich sein (Anselm von Canterbury, René Descartes). 3) Der teleologischen Gottesbeweis (so bei Augustinus), der sich auf das Finalitätsprinzip stützt: Der Mensch sei auf ein absolutes Ziel beziehungsweise Gut hin orientiert; so müsse dieses Ziel existieren. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 30
4. 2 Kant, Kritik der reinen Vernunft (1781, ² 1787) • Ihr habt schon einen Widerspruch begangen, wenn ihr in welches ihr den Begriff eines Dinges, lediglich seiner Möglichkeit nach denken wollt, es sei unter welchem versteckten Namen, schon den Begriff seiner Existenz hineinbrachtet. . . • Sein ist offenbar kein reales Prädikat, d. i. ein Begriff von irgend etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen könne. . • im logischen Gebrauche ist es lediglich die Kopula eines Urteil KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 31
4. 3 Immanuel Kant – reines Denken im Ggs. zur Erfahrung • . . . für Objekte des reinen Denkens ist ganz und gar kein Mittel, ihr Dasein zu erkennen, weil es gänzlich a priori erkannt werden müsste, unser Bewusstsein aller Existenz aber. . . gehört ganz und gar zur Einheit der Erfahrung. . . • Der Begriff eines höchsten Wesens ist eine in mancher Hinsicht sehr nützliche Idee; sie ist es aber eben darum, weil sie bloß Idee ist, ganz unfähig, um vermittelst ihrer allein unsere Erkenntnis in Ansehung dessen, was existiert, zu erweitern. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 32
4. 4 der moralische Gottesbeweis Immanuel Kants Nachdem Gott, die Unsterblichkeit der Seele und die Freiheit durch die Vernunft nicht zu beweisen sind, die Vernunft aber auch nicht das Nichtexistieren dieser Ideen beweisen kann, ist die Frage des Absoluten eine Glaubensfrage. „Ich musste das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen. “ • aus dem Vorhandensein einer moralischen Weltordnung wird auf Gott als den Garanten des sittlichen Ausgleichs von Tugend und Glück geschlossen • die Existenz Gottes kann nicht rational bewiesen, sondern muss als Bedingung der Möglichkeit sittlichen Handelns postuliert werden. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Theologie 33